Für ein positives Leben ohne Alkohol.

Co-Abhängigkeit, Nüchternheit, Sensibilität

#schlussmitdemstigma

#schlussmitdemstigma Titelbild

Vor ein paar Wochen hat mich NACOA Deutschland wegen der NACOA Aktionswoche gefragt, ob ich bei ihrer Enstigmatisierungskampagne mitmachen möchte. „Na klar“ habe ich geantwortet. NACOA steht für National Association for Children of Addiction und setzt sich für die Interessen von Kindern aus suchtbelasteten Familien ein. Die Aktionswoche findet jedes Jahr so um den 14. Februar statt und sie bringt mir immer sehr viel, weil ich bei den zahlreichen Informationsveranstaltungen und Online-Formaten viel mitnehmen kann.

Als ich gefragt worden bin, ob ich bei #schlussmitdemstigma mitmachen möchte, musste ich erst mal in mich gehen und mir überlegen, wieso ich das überhaupt mache, also warum ich mich dafür einsetze, dass Alkoholsucht entstigmatisiert wird. Warum betreibe ich eigentlich diesen Blog hier? Warum setze ich mich teilweise vor die Kamera oder mache Podcasts, um über meine Alkoholvergangenheit zu sprechen? All das habe ich mich gefragt und hier kommt meine Antwort dazu:

„Ich lebe nun seit 8,5 Jahren ohne Alkohol. Ich tue das, weil es eine Zeit in meinem Leben gab, in der ich viel zu viel getrunken habe.

Es hat ein paar Jahre und Tiefpunkte gebraucht bis ich in der Lage war zu erkennen, dass die Art und Weise, wie ich trank, nicht in Ordnung war. Dabei habe ich nicht täglich getrunken. Aber wenn ich mal trank, dann fand ich einfach kein Ende mehr. Das kam damals an zwei bis drei Abenden pro Woche regelmäßig vor. Mein Weg zu erkennen, dass ich ein ernst zu nehmendes Alkoholproblem habe, war für mich sehr leidvoll und schmerzhaft.

Heute engagiere ich mich dafür dem Thema Alkoholsucht ein anderes Gesicht in der Gesellschaft zu geben. Viele von uns denken, dass sie erst ein Problem damit entwickelt haben, wenn morgens ihre Hände zittern. Jedoch sind die allerwenigsten Menschen körperlich abhängig. Die meisten, die regelmäßig konsumieren, sind psychisch abhängig. Damit meine ich all diejenigen, die Rauschtrinken betreiben und die, die riskant trinken. Gem. dem aktuellen Jahrbuch Sucht machen die Rauschtrinker ca. 12,7 Mio. und die riskanten Trinker 6,7 Mio. Menschen in Deutschland aus. Dies ist also kein Randgruppenphänomen mehr. Wenn mehr Bewusstsein für dieses Thema vorhanden wäre, bin ich der Überzeugung, dass es dann gar nicht erst zu einer körperlichen Abhängigkeit kommen muss, um aus der Suchtspirale wieder auszutreten. Den Expresszug Sucht müssen wir sozusagen nicht bis zur Endstation nehmen, sondern können schon ein paar Stationen früher aussteigen und so unser Leben zu retten.

Wenn besser aufgeklärt werden würde, hätten alle die Möglichkeit früher hinzusehen, bevor etwas Schlimmes passiert. Also bevor es z.B. zu einer Alkoholfahrt kommt, wie in meinem Fall, oder bevor der Partner weg ist, bevor wir unseren Job verlieren oder bevor wir von der Kellertreppe stürzen und uns von den Folgen nicht mehr erholen.

Dabei ist mir vor allem wichtig aufzuzeigen, dass sich ein nüchternes Leben lohnt. Denn viele denken ja, dass sie nicht mehr dazu gehören, sobald sie aufhören zu trinken. Sie meinen, dass ihr Leben dann langweilig wird und sie niemals mehr Spaß oder Freunde empfinden werden.

Aber das genaue Gegenteil tritt ein:

Wenn wir aufhören zu trinken, fällt die graue nebulöse Wolke des Alkohols weg. Es gibt keine Katermorgen mehr. Ich sehe die Dinge klar, ich sehe alle Farben, nehme alles intensiver wahr, also auch die schönen Sachen, die die Nüchternheit mit sich bringt. Meine Beziehungen sind authentischer geworden. Ich selbst bin geerdeter und mit mir verbunden. Die Verbindung zu meiner inneren Stimme, die ich während meiner Trinkerjahre verloren hatte, ist nicht mehr gekappt, sondern wieder hergestellt. Das ist gerade heutzutage, wo wir in dieser krisenbehafteten Zeit leben, sehr viel wert.

Letztlich geht es mir mit #schlussmitdemstigma aber auch darum unsere nachfolgenden Generationen zu schützen; also Kinder, die in Elternhäusern aufwachsen müssen, in denen regelmäßig Alkohol konsumiert wird. Oft sind damit toxische Familienstrukturen verbunden, unter denen die Kinder langfristig leiden werden. Aber wir brauchen gerade und resiliente Menschen, um den Herausforderungen dieser Zeit zu begegnen. Wir brauchen Menschen, die mit scharfen Blick genau hinsehen und ohne Weichfilter unterwegs sind. Ich glaube wirklich daran, dass vieles leichter wäre, wenn mehr Menschen den Alkohol weglassen würden.“

So in etwa lautet meine Antwort darauf, warum ich möchte, dass Alkoholsucht entstigmatisiert wird. Es würde für so viele Menschen unheimlich viele Vorteile mit sich bringen.

Ende letzten Jahres habe ich mich übrigens dazu entschlossen bei NACOA Vollmitglied zu werden. D.h. dass ich den Verein mit 30 € im Jahr unterstütze. Falls du dich auch für eine NACOA-Mitgliedschaft interessierst, dann findest du hier mehr Infos dazu.

Falls du lieber spendest als Mitglied zu werden, kannst du dies gerne über diesen Link tun.

Vielen Dank fürs Lesen & viel Spaß bei der NACOA-Aktionswoche 2023!

Wenn du dich auch für die Aktivitäten der NACOA-Aktionswoche interessierst, so findest du unter dem folgenden Link eine sehr gute Übersicht. Ich filtere in der Suchmaske rechts meist nach „zoom“ oder „online“, da die allerwenigsten Aktionen in meiner Stadt statt finden:

So freue ich mich zum Beispiel besonders auf den kommenden Freitag, den 17. Februar. Ab 13:30 Uhr wird über Zoom eine 90-minütige Aktion mit dem sympathischen Stephan Kosch statt finden, die den Titel „Erwachsene Kinder suchtkranker Eltern: Was hat uns gerettet?“ trägt. Das wird bestimmt spannend.