Das Buch „Raus aus der Mental Load Falle“ von Patricia Cammarata liegt gewiss schon seit sechs Monaten auf meinem Schreibtisch mit dem Post-It, dass ich es rezensieren möchte. Seit rund sechs Monaten kam immer etwas dazwischen, was mich davon abgehalten hat, diesen Rezensionstext hier zu veröffentlichen. Immer wieder neue To-Dos, immer wieder neues Priorisieren. Der Tag, an dem ich diese Zeilen hier schreibe, ist tatsächlich mein Geburtstag. Für heute habe ich mir frei genommen: Zeit nur für mich selbst. Das Geschenk, das ich mir heute selber mache, ist diesen Text zu schreiben, weil dieses Buch von Patricia so wichtig ist; für all meine Freundinnen, denen ich bisher davon erzählt habe, für alle, die tagtäglich jedes Mal aufs Neue versuchen, diesen Riesenspagat zwischen Zeit für die Kinder, den Haushalt und der eigenen bezahlten Erwerbsarbeit relativ entspannt hinzukriegen. Dies ist ein Buch für Mütter, Väter und auch für die, die kinderlos sind, aber trotzdem in einer glücklichen Partnerschaft leben wollen. Der heutige Text ist also ein Herzensprojekt für mich.
Der wohl vordergründigste Satz des ganzen Buches ist auf der Rückseite abgedruckt: „Dran-Denken ist auch ein To-Do.“ Denn die Lektüre dieses Buches hat mir ein Bewusstsein für all die rund 120 Aufgaben verschafft, an die ich täglich denken muss. Dass Frauen durch diese mentale Last im Alltag mehr eingebunden sind, gibt es auch bei kinderlosen Paaren.
Ich habe mich beim Lesen komplett abgeholt gefühlt. Ich kann sofort nachfühlen, wenn die Autorin schreibt, dass der Biomülleimer ein Symbol für ihre Freiheit wurde. [S. 72] Denn manchmal möchte man nicht immer diejenige sein, die das initiiert, die ständig darüber verhandeln muss, wann er endlich geleert wird etc. Es mag lächerlich klingen, aber oft scheitern Beziehungen an einer Anhäufung von solch kleinen Dingen. Patricia gibt in ihrem Buch praktische Hilfestellungen darüber, wie man diese kleinen To-Dos besser aufteilen und kommunizieren kann, also ganz in dem Sinne, wie „Excellisten Beziehungen retten“ können. [S. 82 ff.] Dazu stellt sie das Tool der Mental Load Map vor und diese Map, also auf deutsch Karte oder Landkarte, hilft mir auch bei meinen Projekt To-Dos am Arbeitsplatz meiner bezahlten Erwerbsarbeit. Ich liebe es, wenn Sachbücher auf ein Problem hinweisen und dem Leser oder der Leserin zugleich praktische Lösungsansätze mit an die Hand geben, ohne dass erst ein Coaching gebucht werden muss à la „Wie funktioniert Equal Care im Alltag richtig?“ Denn am Ende des Tages ist kein Helfer gesucht, sondern ein Partner auf Augenhöhe. Das ist auch die Voraussetzung für eine glücklich Beziehung. Der amerikanische Wissenschaftler Michael Kimmer hat einmal einen legendären TED Talk darüber gehalten, warum Geschlechtergleichstellung für alle gut ist: Why Gender Equality Is Good for Everyone – Men Included. Sein Beitrag unterstützt somit die Thesen dieses Buches hervorragend.
Zudem habe ich durch das Buch gelernt, dass ich loslassen muss, wenn ich mentale Last abgeben möchte. Um gewisse To-Dos loslassen zu können, bedarf es Raum für Vertrauen und Zutrauen. Zudem benötige ich ein gewisses Maß an Offenheit und Toleranz dafür, dass mein Partner oder meiner Partnerin im Alltag die Aufgaben und die ganzen To-Dos ein klein wenig anders vollendet als ich.
Fazit: Das Buch hat mir an sehr vielen Stellen die Augen geöffnet; besonders im Hinblick auf männliche Privilegien, für die ich vorher kein Gespür hatte. Denn aufgrund meiner Sozialisation und Prägung war ich tatsächlich blind dafür. Genau so eine Prägung hat eben auch mein Mann über seine Erziehung erfahren. An ganz vielen Stellen in unserem Alltag weiß ich, dass er es nicht böse meint oder gar mich ärgern möchte. Es ist eben nur so, dass wir heute die erste Eltern-Generation sind, die es anders machen möchte. Wir möchten weg von den traditionellen Rollenbildern, hin zu einer gleichberechtigen und gleichverpflichtenden Elternschaft. In gewisser Hinsicht sind er und ich also Pioniere. Das heißt, dass wir zusammen ganz viele Kämpfe austragen müssen, die es so in unserer Eltern-Generation nicht gegeben hat. Das ist manchmal anstrengend, aber eben notwendig. Denn wir wollen ja auch selber Vorbilder für die nächste Generation sein, unsere Kinder.
Vereinzelt wird in dem Buch aufgegriffen, dass so häufig die strukturellen Rahmenbedingungen für eine gleichverpflichtende Elternschaft fehlen. [S. 75 f.] Also dass es auch Männern am Arbeitsplatz schwer gemacht wird, ihren Posten zu behalten, wenn sie länger als zwei Monate Elternzeit nehmen usw. Also dieser Glaubenssatz „Die Mutter gehört zum Kind.“ ist auf ganz vielen Ebenen in unserer Gesellschaft noch sehr tief verankert. Aus den unterschiedlichsten Gründen gehen derzeit rechts und links von uns Beziehungen in die Brüche, in denen es auch kleine Kinder gibt. Ich bin keine Verfechterin davon bei jemanden zu bleiben, den man nicht mehr liebt, aber es tut jedes Mal so weh mit anzusehen, was solch eine Trennung mit den Kindern macht. Häufig geht es bei diesen Trennungen eben auch um diese Unvereinbarkeit von Karriere und dem Großziehen von Kindern. Ich denke, dass dieses Buch einige Lösungsansätze liefert, wie man vieles besser machen bzw. organisieren könnte, wenn man es eben nicht durch die Eltern-Generation vorgelebt bekommen hat.
Aus den genannten Gründen vergebe 5 von 5 Sternen für dieses gelungene Werk.
Wenn du nun also neugierig auf das Buch geworden bist, dann findest du es in jedem Buchladen deiner Wahl oder auch online, zum Beispiel hier:
Und diesen Clip zum Most Sexiest Man In The World möchte ich dir nicht vorenthalten: